Bauträger kann die Abnahme per AGB-Klausel delegieren (Teil 2)

Die rechtsgeschäftliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums kann im Bauträgervertrag auch formularvertraglich wirksam durch eine Sachverständigenorganisation, etwa den „TÜV“, vereinbart werden.

OLG Dresden, Urt. v. 12.02.2021, Az. 22 U 904/20
(Vorinstanz: LG Dresden, Urt. v. 26.03.2020, Az. 4 O 764/16, IZ 27/2020)

Der Fall

Eine WEG klagt gegen den Bauträger auf Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung. Sowohl die Beurteilung der Verjährung, als auch der Beweislast hängen von der wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums ab. Die inhaltsgleichen Bauträgerverträge sehen vor, dass die Abnahme durch den hierzu bevollmächtigten TÜV-Süd erfolgen sollte, ferner sei den Erwerbern die Teilnahme an der Abnahmebegehung zu ermöglichen und diesen stünde das Wahlrecht zu, ob sie stattdessen einen Sachverständigen der IHK Berlin beauftragen. Die Abnahme selbst wurde sodann durch den TÜV-Süd erklärt.

Die Folgen

Das OLG Dresden folgt der Vorinstanz, wonach die Abnahmeklausel - und damit auch die Abnahme selbst - wirksam ist. Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB läge nur vor, wenn eine vom Bauträger in AGB eines Kaufvertrages verwendete Klausel die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit dem Bauträger wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Erstverwalter ermöglicht (BGH, Beschl. v. 12.09.2013, Az. VII ZR 308/12). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da nichts dafür dargelegt wurde, dass der Mitarbeiter des TÜV-Süd oder der von der IHK Berlin zu bestellende Sachverständige mit dem Bauträger wirtschaftlich oder persönlich verflochten sind.


Was ist zu tun?

Entscheidungen zur (Un-)Wirksamkeit von Klauseln zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den vom Bauträger eingesetzten Erstverwalter oder eine Sachverständigenorganisation bzw. per Beschluss der WEG in den Erwerbsverträgen gehören zu den "Klassikern" des Bauträgerrechts. Das OLG Dresden bleibt mit der Entscheidung auf seiner Linie (siehe auch OLG Dresden, Urt. v. 08.01.2010, Az. 1 U 1371/09) und somit weiterhin im Widerspruch zum OLG Karlsruhe (Urt. v. 10.04.2018, Az. 8 U 19/14), zum OLG Brandenburg (Beschl. v. 17.04.2018, Az. 12 U 197/16) und zum OLG Frankfurt (Urt. v. 02.10.2018, Az. 29 U 163/17). Der BGH hat alle Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gegen die zuletzt genannten Entscheidungen jeweils zurückgewiesen. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser praktisch bedeutsamen Frage steht also noch immer aus. Ob der BGH seine Rechtsprechung zu Vertragsklauseln, nach denen der vom Bauträger bestellte Erstverwalter die Abnahme erklären darf, auf die hier besprochene Situation überträgt, ist also weiter offen. Damit ist in vielen Bauträgerobjekten weiter ungewiss, ob die WEG auch viele Jahre nach der (vermeintlichen) Abnahme durch eine Sachverständigenorganisation noch Mängelrechte verfolgen kann, ohne die Mangelhaftigkeit beweisen zu müssen.

 

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Rechtsanwalt Christian Hippel
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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