Ohne Abnahme verjähren Ansprüche nach zehn Jahren
OLG Köln, Urt. v. 21.08.2020, Az. 19 U 5/20
Der Fall
Ein Bauträger errichtete ein Mehrfamilienhaus. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums sollte durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)vertreten durch den Verwalter und unter Hinzuziehung eines Sachverständigen erfolgen, wobei der Sachverständige im Juni 2006 das Abnahmeprotokoll unterzeichnete. Im Mai 2011 leitete die WEG ein Beweisverfahren wegen Mängeln gegen den Bauträger ein, 2018 folgte wegen neu aufgetretener Mängel ein weiteres Beweisverfahren. Der Bauträger argumentierte, dass die Ansprüche der Eigentümerverjährt sind, drang damit aber nicht durch. Daher erhob er 2019 parallel Klage gegen die WEG. Er wollte feststellenlassen, dass die Ansprüche auf mangelfreie Herstellung, soweit sie nicht schon im ersten Beweisverfahren rechtshängig sind, spätestens seit Ende Mai 2016 verjährt sind. Das LG Köln wies die Klage als unzulässig ab. Die Berufung des Bauträgers hatte aber Erfolg.
Die Folgen
Das OLG Köln gibt der Klage des Bauträgers statt. Sein Feststellungsantrag ist zulässig und begründet; er muss nicht den Ausgang des Beweisverfahrens abwarten. Nach Meinung des OLG Köln sind die geltend gemachten Ansprüche der WEG bereits verjährt. Ein Gewährleistungsanspruch wäre bei wirksamer Abnahme oder ggf. einer anzunehmenden Abnahmefiktion im Jahr 2016 verjährt. Ob eine Abnahmefiktion angenommen werden kann, hat das OLG Köln in diesem Falloffen gelassen, da nach seiner Ansicht auch der Primärleistungsanspruch (§ 199 Abs. 4 BGB) verjährt ist. Der Erfüllungsanspruch ist mit dem Vertragsschluss entstanden, d.h. zumindest vor der vermeintlichen Abnahme im Jahr 2006. Danach endete die Zehnjahresfrist im Verlauf des Jahres 2016, und die im Beweisverfahren behaupteten Ansprüche der WEG sind bereits verjährt.
Was ist zu tun?
Nach Ansicht des OLG Köln haftet der Bauträger in Fällen, in denen es keine oderkeine wirksame Abnahme gab, spätestens nach zehn Jahren nicht mehr. Diese Entscheidung ist nicht überzeugend. Das Gericht hat nämlich ausschließlich den Primäranspruch geprüft, der nach der Ultimo-Regelung des § 199 Abs. 4 BGB verjähren soll. Allerdings hätte das OLG Köln auch die Gewährleistungsrechteprüfen und sich dann ggf. zu einer Verwirkung der Ansprüche positionieren müssen. Dies haben die Richter jedoch völlig unberücksichtigt gelassen. Da bisher keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, ist der Bauträger stets gut beraten, die Einrede der Verjährung zu erheben. Die WEG muss hingegen stets das Risiko einkalkulieren, dass Ansprüche, die länger als zehn Jahre nach Vertragsschlussgeltend gemacht werden, bereits verjährt sein könnten. (redigiert von Anja Hall)
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Rechtsanwältin Samira Bagarić
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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